In den Rüdersdorser Kalkbergen.
23
*15. 3n den Rüdersdorser Kalkbergen.
Berlin, den 12. Mai 1902.
Lieber Freund!
„Am 9. Mai nachmittags 4 Uhr großer Bergsturz in Rüdersdorf!" so las
ich in der Zeitung, und im Anzeigeteil machte die Dampfschiffahrtsgesellschaft
„Stern" bekannt, daß am genannten Tage Sonderdampfer nach den Rüders-
dorfer Kalkbergen fahren würden. Mein hochherziger Vormund, unter dessen
gastlichem Dache ich weile, damit ich die Reichshauptstadt kennen lerne, meinte,
solch ein Bergsturz sei ein eigenartiges Schauspiel, und eine Besichtigung der
Kalksteinbrüche sei für mich sehr lehrreich, da so etwas ja ziemlich in mein
Fach schlage; ich solle also hinfahren und mir rechtzeitig bei der Königlichen
Berginspektion eine Eintrittskarte lösen; über die Ausgaben brauche ich mir
nicht den Kopf zu zerbrechen. Darauf Blick und Händedruck meinerseits; denn
stürmische Dankesbezeugungen liebt der gute Vormund nicht.
Ich rollte also auf der Ostbahn nach der Station Fredersdorf und
wanderte von da nach Rüdersdorf, weil die dorthin führende Zweigbahn
gerade keinen Anschluß hatte. Bald tauchten in der Ferne Fabrikschornsteine
und die abgestutzten Kegel von Kalköfen auf. Mein Weg führte an einer
Zementfabrik vorüber, schlängelte sich dann aufwärts, und plötzlich stand ich
an den Türmen einer Seilförderung und blickte in einen tiefen, geräumigen
Kessel, der von steilen Kalksteinwänden umgeben war (f. Fig. 3). Eine
doppelgeleisige Seilbahn führte auf einer schiefen Ebene hinunter, die eine
Neigung von 300 hatte. Starke Drahtseile liefen auf die munter sich drehen-
den Seilscheiben, welche in einer der Neigung der Ebene entsprechenden Rich-
tung oben auf den Türmen angebracht waren. Einige mit Kalksteinen gefüllte
Eisenbahnwagen sausten nach oben und rollten dann durch die Torbogen,
von wo sie durch Pferde nach den Kalköfen geschleppt oder durch Lokomotiven
nach der Eisenbahnstation befördert wurden. In zwei Minuten — so erzählte
mir ein junger Mann, der auch zuschaute — können auf diese Weise
500 Doppelzentner Steine aus dem Tiefbau gefördert werden.
Ich überschritt den Bergrücken und stand bald vor der Königlichen
Berginspektion. Bereitwillig stellte mir ein Schichtmeister eine Einlaßkarte
aus und erlaubte mir auch, mich einer kleinen Gesellschaft anzuschließen,
deren Führung er übernommen hatte. Neben der schiefen Ebene der Seil-
förderung schritten wir in den Tiefbau hinab. Er bildet einen gewaltigen,
700—800 m langen, 150 m breiten Kessel, dessen Sohle 30 m unter dem
Meeresspiegel liegt. Auf dem Kesselboden erblickte ich ein ausgedehntes Netz
von Eisenbahnschienen und Weichen, in dessen Mitte eine Drehscheibe die
Verteilung der leeren Wagen bis in die unmittelbare Nähe der Felswände ver-
mittelte. Von dort aus schoben Schlepper auf Feldbahnschienen die beladenen
„Hunde" heran und leerten sie in die Eisenbahnwagen. Hie und da gurgelte
ein Wässerlein und lief dem Sammelbecken zu, von wo es mächtige Pumpen
nach oben hoben. Ein hoher Schlot in der Nähe der Hebetürme bezeichnet
den Ort, wo die Betriebsmaschinen des Wasserhebewerks stehen. Sie werden,
ebenso wie die Maschine der Seilförderung, mit dem gehobenen Wasser gespeist.
Nun lenkten wir unsere Schritte nach der Stelle hin, wo der Bergsturz
vor sich gehen sollte. Ich fragte einen jungen Steiger, ob der Kalk tonhaltig
sei. „Das vermuten Sie wohl, weil Sie an einer Zementfabrik vorbeigekommen
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Extrahierte Ortsnamen: Rüdersdorser_Kalkbergen Kalkbergen Berlin Rüdersdorf Rüders-
Die Verkehrsmittel einer Weltstadt.
135
und mich ganz der wissenschaftlichen und technischen Privattätigkeit zu
widmen. Nach Werner von Siemens.
*65. Die Verkehrsmittel einer Weltstadt.
Wohl keine Weltstadt hat so zahlreiche, bequeme und zweck-
mäßige Verkehrsmittel-auszuweisen wie die deutsche Reichshaupt-
stadt. Wasser, Dampf, Benzin und Gas, die Kraft des Pferdes
und der Elektrizität müssen sich auf die mannigfaltigste Weise
in den Dienst des gewaltigen Berliner Güter- und Personenver-
kehrs stellen.
Bis zum Jahre 1850 bildete die Spree die einzige schiffbare
Wasserlinie innerhalb Berlins. Da sie in Verbindung mit den „mär-
kischen Wasserstraßen“*) sowie mit den Wasseradern des Weichsel-,
Oder- und Elbgebiets steht, so hatte sie einen bedeutenden Güter-
verkehr zu bewältigen. Deshalb veranlaßte die Staatsregierung die
Anlage des Landwehrkanals, der in großem Bogen den Süden
Berlins durchzieht und die Spree erheblich entlastet. Er ist jetzt
bis zu vier Schiffsbreiten erweitert und mit ausreichenden Häfen und
Ladestellen versehen. Im Norden Berlins geht der Spandauer
Schiffahrtskanal von der Spree aus nach der Havel hin. Diese drei
Wasserstraßen bewältigen jetzt einen Güterverkehr, der den Verkehr
sämtlicher 15 in Berlin einmündenden Eisenbahnen an Gewichts-
menge nahezu erreicht. Indessen sind sie jetzt fast an der Grenze
ihrer Leistungsfähigkeit angelangt, weshalb man für ihre Entlastung
einen neuen Wasserweg hergestellt hat. Durch den Teltowkanal,
dessen Bau nun beendet ist, ist nämlich südlich von Berlin eine
Verbindungslinie zwischen der Oberspree und der Havel gewonnen,
welche ein grosser Teil der nicht für Berlin bestimmten Schiffe
benutzt. Auf den Wasserwegen Berlins und seiner Umgebung
ziehen aber nicht nur Lastschiffe schwerfällig dahin, keuchen nicht
nur Schleppdampfer, die eine ganze Reihe von Frachtkähnen ziehen,
sondern es schießen auch Personendampfer, Segel- und Ruderboote
leichten Fluges über die Wasserflächen. — Der durch die Eisen-
bahn vermittelte Güterverkehr verteilt sich auf 15 Güterbahnhöfe
und belief sich i. J. 1908 auf 10v2 Milk Tonnen. Auch der Personen-
verkehr auf den Berliner Eisenbahnen steht überwiegend im Dienste
der gewerblichen Tätigkeit. Der Berliner reist entweder mit der
Stadt- und Ringbahn oder mit Vorortbahnen oder endlich mit Fern-
bahnen.
Die erste Berliner Fernbahn war die i. J. 1838 eröffnete
Berlin-Potsdamer Bahn. Ihr folgte 1841 die Anhalter, 1842 die
Stettiner, 1845 die Niederschlesisch-Märkische, 1846 die Berlin-
*) Der Friedrich-Wilhelm-Kanal verbindet Oder und Spree; er wurde 1662 bis
1696 hauptsächlich vom Großen Kurfürsten angelegt. Der Finow-Kanal zwischen Oder
und Havel, 1744-—1746 von Friedrich dem Großen erbaut, ist der am lebhaftesten
befahrene Wasserweg Brandenburgs. Diese beiden Kanäle erhalten noch besondere
Bedeutung durch die Warthe, die Netze und den Bromberger Kanal (erbaut 1773/74),
da letztere die Wasserverbindung mit Rußland herstellen. Der Flauer Kanal,
1743—1745 zwischen Havel und Elbe gebaut, erschließt Sachsen und Böhmen für Berlin.
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Extrahierte Personennamen: Werner_von_Siemens Friedrich_dem_Großen Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Güter- Berlins Weichsel- Berlins Berlins Berlin Berlin Berlin Berlins Berlin- Brandenburgs Sachsen Berlin
136
Die Verkehrsmittel einer Weltstadt.
Hamburger Bahn. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung, welcher
auf den deutsch-französischen Krieg folgte, wurde der Ausbau des
Bahnnetzes beschleunigt. Der Personen-Verkehr stieg in den Jahren
1870—1875 von 5 auf 10 Millionen Fahrgäste. Seitdem hat er sich
unausgesetzt gesteigert. Auch für Vergnügungsreisende ist die
Reichshauptstadt ein erwünschtes Reiseziel geworden, dem jährlich
fast eine Million Fremde zustreben.
Wenn man bei einer Großstadt von Vororten spricht, so
meint man mit letzteren in der Regel die nahe gelegenen Ort-
schaften, deren Grenze die Großstadt infolge ihres Wachstums be-
rührt. Bei der Weltstadt Berlin liegt jedoch die Sache wesentlich
anders. Hier entscheidet der Eisenbahnverkehr darüber, ob ein in der
Umgegend der Hauptstadt liegender Ort, ein Vorort zu nennen ist
oder nicht. Stellt es sich heraus, daß ein beträchtlicher Teil der
Bewohner eines solchen Ortes in regem, oder sogar in täglichem
Verkehr mit Berlin steht, so wird er in den sogenannten Vororts-
verkehr einbezogen und tritt damit in die Reihe der Berliner Vor-
orte ein. Diese erfreuen sich einer häufigen Bahnverbindung
mit der Hauptstadt, sowie billiger Fahrpreise. Die Vorortszüge
benutzen meist die Geleise der Fernzüge, und man legt mit ihnen
für 10 Pfg. 7,5 km, für 20 Pfg. 15 km, für 30 Pfg. 20 km zurück;
obendrein gewähren Arbeiter- und Monatskarten wesentliche Preis-
ermäßigung. Die Entwickelung eines Vorortes hängt hauptsäch-
lich von der Zeit ab, in welcher Berlin zu erreichen ist, sowie
von der Anzahl der zwischen beiden verkehrenden Züge. Auf der
Strecke Berlin-Zehlendorf, die in 23 Minuten zurückgelegt wird,
verkehren beispielsweise täglich in jeder Richtung über 100 Züge.
Tausende und aber Tausende von Bewohnern der Vororte gehen
in Berlin ihrer täglichen Beschäftigung nach; an schönen Sommer-
tagen aber strömt die Berliner Bevölkerung hinaus in die Vororte,
um dort Erholung und Vergnügen zu suchen. So befindet sich das
ganze Vorortsgebiet, welches sich auf 30 km in die Runde erstreckt,
gleichsam im Banne Berlins.
Und nun erst die Stadt- und Ringbahn! Das Weichbild
Berlins hat einen Umfang von 47 km; es wird von der Ringbahn
umkreist, welche 29 Haltestellen hat. Berlin und alle von der Ring-
bahn berührten Vororte — etwa 10 — bilden das sogenannte Groß-
Berlin. Der Durchmesser dieser Gürtelbahn ist die 12 km lange
Stadtbahn mit 12 Haltestellen, von denen 5 zugleich Fernbahn-
stationen sind; denn neben den beiden Stadtbahngeleisen laufen zwei
andere Geleise für die Vorort- und Fernzüge. Auf der Stadtbahn
verkehren die Züge in Abständen von je 3 Minuten nach jeder
Richtung, auf der Ringbahn in solchen von 10 Minuten. Es ist daher
begreiflich, daß auf beiden Bahnen i. J. 1909 300 Millionen Personen
befördert wurden. Die Bahnhöfe der Stadt-, Ring- und Vorort-
bahnen haben sämtlich dieselbe Einrichtung, so daß auch der Fremde
sich bald und leicht auf ihnen zurechtfindet.
Um eine Vorstellung von dem Straßenverkehr der Reichs-
hauptstadt zu gewinnen, muß man in der Leipziger Straße, der belebte-
sten Geschäftsstraße Berlins, Posto fassen. Nachdem sich das Auge an
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlin Berlin Berlin-Zehlendorf Berlin Berlins Berlins Berlin Berlin Berlins
Die Entwickelung der deutschen Reichshauptsladt.
259
betrug die Einwohnerzahl 91000, und bei der Thronbesteigung König
Wilhelms I. war eine halbe Million erreicht.
2. Als der greise König sieggekrönt aus dem französischen Feldzuge nach
seiner Residenz zurückkehrte, da jauchzte ihm die Bevölkerung begeistert zu.
War doch Berlin zur Kaiserstadt, zur Hauptstadt des neuen Deutschen Reiches
erkoren worden I Seit jenen Tagen hat sich Berlin in gewaltigem Aufschwünge
zur Weltstadt entwickelt. Die Staatsregierung, die Stadtgemeinde und Privat
Unternehmungen haben miteinander gewetteifert, die Kaiserstadt mit herrlichen
Bauten und Denkmälern, mit prächtigen Promenaden und Plätzen zu schmücken
und mit großartigen Verkehrseinrichtungen und Wohlfahrtsanstalten auszu-
statten. Die Entwickelung der Stadt unter Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm Ii.
steht ohnegleichen in der Geschichte Berlins da. Die Einwohnerzahl Berlins
beträgt nach der letzten Volkszählung (1910) 2064000. Während in den
inneren Stadtteilen die Bevölkerung abnimmt, weisen die angrenzenden Vor-
orte, von denen einige sich schon zu Großstädten entwickelt haben, eine er-
hebliche Zunahme auf. Seit einigen Jahren hat sich für dieses gesamte
Häusermeer die Bezeichnung „Groß-Berlin" eingebürgert. Da nun für die
Bewohner desselben vielfach gleichartige Interessen und Lebensbedingungen
bestehen, so ist eine einheitliche Regelung dieser Verhältnisse notwendig ge-
worden. Aus diesem Grunde wurde am 19. Juli 1911 unter Zustimmung
beider Häuser (s. Nr. 190) vom König von Preußen das Zweckverbands-
gesetz für Groß-Berlin erlassen, nach welchem Berlin und die Nächst-
liegenden Stadtkreise, sowie die Landkreise Teltow und Niederbarnim zu
einem Zweckverbande vereinigt werden, dem zunächst die Erfüllung folgender
Aufgaben obliegt: 1. Regelung des Verhältnisses zu öffentlichen auf Schienen
betriebenen Transportanstalten mit Ausnahme der Staatseisenbahnen; 2. Be-
teiligung an der Feststelluug der Fluchtlinien und Bebauungspläne und
Mitwirkung an dem Erlasse von Baupolizeiordnungen; 3. Erwerbung und
Erhaltung größerer, von der Bebauung frei zu haltender Flächen (Wälder,
Parks, Wiesen, Seen, Schmuck-, Spiel-, Sportplätze usw.) Die Verbandsver-
sammlung besteht aus dem ersten Bürgermeister der Stadt Berlin als Vor-
sitzendem und aus 100 auf die Verbandsglieder nach dem Verhältnis der
Einwohnerzahl zu verteilenden Vertretern. Jedes Verbandsglied muß min-
destens einen Vertreter haben, keines darf mehr als 2/s der Gesamtvertreter,
zahl erhalten. Dieser erste kommunale Zweckverband Deutschlands umfaßt
gegen 4 Mill. Bewohner.
Berlin erscheint gegenwärtig als eine junge Stadt. Nur einzelne Ge-
bäude, z. B. die Nikolai- und die Marienkirche, sind Backsteinbauten aus
dem 12. Jahrhundert. Durch Freilegung von Plätzen, Niederlegung und
Verbreiterung von Straßen ist Berlin jetzt eine völlig moderne Stadt mit
breiten, meist geradlinigen Straßen, (über 1000), neuen mehrstöckigen Häusern,
planmäßig verteilten, regelmäßigen Plätzen und Anlagen (über 100) und
prächtigen öffentlichen Gebäuden, von denen nur einige in das vorige Jahr-
hundert zurückreichen. Die Straßen haben eine Breite von 19—40 m; die
Prachtstraße „Unter den Linden" ist sogar 61 m breit. Im Norden, Osten
und Südosten der Stadt, dem Sitz der Berliner Industrie, sind die Straßen
weniger breit als in den vornehmeren westlichen und südwestlichen Stadt-
teilen; aber auch hier finden sich breite, mit Baumgängen bepflanzte Straßen
und weite Parkanlagen. Ein Teil des Zentrums bildet sich, wie in London,
17*
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
TM Hauptwörter (200): [T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I. Wilhelm_I. Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlin Berlins Berlins Berlin Teltow Niederbarnim Berlin Deutschlands Berlin Nikolai- Marienkirche Berlin London
270
Danzig.
die Kriegsschule u. a. An den Weichselufern fand ich viele hundert fleißige
Hände im Schiffsbau tätig. Die Königliche werft, einst der wichtigste
Stützpunkt der jungen preußischen Flotte, ist freilich durch die Kieler Werften
überflügelt worden; aber dafür ist die privatwerft von Schichau erstanden,
die durch den Torpedobau weltberühmt wurde und bald auch den Bau
von Kriegsschiffen und Personendampfern mit Erfolg in Angriff nahm.
Das geschäftige Treiben am Hafen und auf der Speicherinsel belehrte mich,
Laß rastlos darnach gestrebt wird, dieser ehemaligen Hochburg des Hansa-
bundes die Bedeutung zurückzuerobern, auf die sie im Mittelalter mit Recht
stolz sein konnte (s. Nr. sh2). Auch die aufblühende Industrie Danzigs
wird hierzu ihr Teil beitragen; dafür bürgen die hohen Schlote der Fab-
riken, in denen Glas, Cellulose, Maschinen usw. hergestellt werden.
Nach diesem ersten Rundgange, der mich das neuzeitliche Danzig
kennen lehrte, lenkte ich meine Schritte den: Innern der Stadt zu. Krumm
und winkelig schlängeln sich die alten Gassen; die reich verzierte Giebel-
front der Häuser ist meist schmal; dagegen dehnen sich die Gebäude nach
hinten oft bis an die nächste Straße aus. Linen eigenartigen, traulichen
Eindruck müssen diese Gassen gemacht haben, als noch jedes Haus seinen
„Beischlag" hatte, einen mit Fliesen belegten Altan vor der Haustür, zu
dem von der Straße aus einige Stufen führen, und der von kunstvollen
Gittern oder Steinbrüstungen umgrenzt ist. Mir kamen verschiedene Stiche
des Kupferstechers Daniel Thodowiecki in den Sinn; denn die Szenen
gemütlichen Familienlebens, die sich ehemals auf den Beischlägen abspielten,
hat dieser geniale Sohn Danzigs trefflich festzuhalten verstanden. Jetzt sind
bereits viele Beischläge der Straßenverbreiterung zum Gpfer gefallen, und
auch sonst hat die ehrwürdige, mittelalterliche Stadt manches von ihren
malerischen Reizen eingebüßt. Allein im Innern ihrer altertümlichen Ge-
bäude, in den herrlichen Gotteshäusern, im Rathause, im Zeughause, im
Artushofe, dem Versammlungsorte der Danziger Ratsherren, kann man sich
ungestört in Danzigs Vergangenheit hineinträumen.
2. Tiefes Dunkel umhüllt die Entstehung der Stadt Danzig. Bis
zur Zeit der Völkerwanderung saßen germanische Stämme, wahrscheinlich
die Goten, an der Weichselmündung. Als sie ihre Wohnsitze verließen,
drängten slavische Völkerschaften nach. Ums Jahr 99? fuhr ein Schiff die
Weichsel hinab; auf seinen: Deck standen kuttentragende Männer. Fromme
Begeisterung leuchtete aus ihren Augen; denn es beseelte sie der Wunsch,
die Religion des Kreuzes unter die Heiden zu trage::. Nicht weit von der
letzten Biegung, welche der Strom macht, bevor er ins Meer fließt, tauchte
ein großer, offener Flecken auf, Gyddanizc geheißen, Hier n:achte das
Schiff Halt. In Scharen strömte die Bevölkerung herbei, und einer der
Männer — es war der Bischof Adalbert von Prag — hielt eine begeisterte
predigt, viele hörten auf sein Wort und empsingen die Taufe. Dann
fuhr er weiter und erlitt kurze Zeit darauf im Samlande den Märtyrertod.
Der slavische Flecken wurde später die Hauptstadt der pommerellischen
herzöge, bis der deutsche Ritterorden im Beginn des Jahrhunderts
auch hier die Oberherrschaft gewann. Er zog Reeder und Kaufleute aus
Lübeck herbei und verhalf dem Ort Danzig zu raschem Aufblühen, so daß
dieser eine kräftige Stütze des Deutschtums an der Grenze des damals
mächtigen Polenreiches und ein angesehenes Mitglied der Hansa wurde.
Bald Halle der deutsche Orden Grund, auf Danzigs Glanz und Reichtum
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TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
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122
Die Entwicklung des Postwesens.
Kaisers Max I. sowie der Residenz der französischen Könige her-
stellen. Zu Ende des 16. Jahrhunderts kam die Meinung auf, das
Recht, in Deutschland Posten anzulegen, stehe ausschließlich dem
Kaiser zu. So konnte Kaiser Rudolf Ii. im Jahre 1595 den Grafen
Leonhard von Taxis zum General-Reichspostmeister ernennen und
Verordnungen zur Unterdrückung der „Neben-, Metzger- und Boten-
posten“ ergehen lassen. Gegen diese Maßregeln legten die deutschen
Fürsten häufig Verwahrung ein, und besonders leistete ihr Friedrich
Wilhelm, der Große Kurfürst (1640—1688), erfolgreich Widerstand.
In Brandenburg hatte schon Kurfürst Albrecht im Jahre i486
eine Botenpost zwischen Küstrin und Ansbach eingerichtet und
Joachim Ii. im Jahre 1550 eine Botenordnung erlassen, durchweiche
er die Besorgung der Briefe auch „anderer“ gestattete. Im Jahre
1646 errichtete der Große Kurfürst einen Hauptpostkurs von Memel
bis Kleve, worauf der Staat die Verwaltung und den Betrieb des
Postwesens vollständig übernahm. In Kurbrandenburg war bis
dahin keine Taxissche Post gewesen, da der dürftige Zustand des
obendrein durch den 30-jährigen Krieg so schrecklich verwüsteten
Landes zu einer solchen Anlage nicht reizte. Die Ertragfähigkeit
der kurfürstlichen Landespost veranlaßte jedoch den Grafen von
Taxis dazu, diese Posten, welche außerdem durch sichere und
schnelle Beförderung den Reichsposten den Rang abliefen, in seine
Gewalt zu bringen. Infolge beharrlicher Beschwerden des Grafen
forderte de1 Kaiser im Jahre 1659 den Kurfürsten auf, seine Landes-
posten aufzuheben, dagegen die Reichsposten in seinen Staaten
zuzulassen. Hierauf erteilte Friedrich Wilhelm eine geharnischte
Antwort, und der Kaiser fand es für gut, einzulenken. Beim Tode
des Großen Kurfürsten zählte man in den brandenburgischen Ländern
70 Postämter und 16 Postkurse in einer Länge von 400 Meilen, und
der Jahresüberschuß betrug 39213 Taler. König Friedrich Wilhelm!
stellte Postanschlüsse nach Rußland her und richtete in Berlin das
General-Postamt ein, welchem er, als es sich um die Hebung Ost-
preußens handelte, befahl: „Sollen Posten in Preußen anlegen von
Ort zu Ort! Ich will haben ein Land, das kultivieret ist; höret Post
dazu.“ Die Post nannte er „das Öl für die ganze Staatsmaschine.“
Unter der Regierung seines großen Sohnes wurde 1754 die erste
Tagespost zwischen Berlin und Potsdam eingerichtet und 1766 auf
dem Flur des Berliner Posthauses der erste Briefkasten aufgestellt.
Friedrich der Große brachte es auf 760 Postanstalten und einen
Überschuß von 613 181 Talern. In die Regierung Friedrich
Wilhelm Iii. fällt die erste Seepost-Verbindung zwischen Pillau und
Kiel, die erste Schnellpost-Verbindung zwischen Koblenz, Köln und
Düsseldorf, sowie die Erbauung des ersten Postdampfschiffes, und
Friedrich Wilhelm Iv. erließ ein Postgesetz und errichtete Ober-
postdirektionen; die 2089 preußischen Postanstalten erzielten bereits
einen Überschuß von nahezu 2 Millionen Talern. Nach dem Zer-
fall des Deutschen Bundes ging am 1. Juni 1867 das Taxissche
Postwesen auf Preußen über, und im Jahre 1871 erfolgte die Be-
gründung der deutschen Reichspost.
3. Dem Generalpostmeister Stephan verdanken wir den groß-
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
TM Hauptwörter (200): [T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Max_I. Rudolf_Ii Rudolf Leonhard_von_Taxis Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Albrecht Joachim_Ii Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm_Iv Friedrich Wilhelm Stephan
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Metzger- Brandenburg Kleve Kurbrandenburg Berlin Berlin Potsdam Pillau Kiel Koblenz
260
Das gewerbliche Berlin.
mehr und mehr zu einem Sitze des Großhandels und Geldverkehrs aus, wo
während der Geschäftsstunden das regste Leben herrscht.
In der westlichen Hälfte der Stadt sind die Straßen breiter, die Häuser
niedriger und vornehmer. Wenn der Fremde vom Berliner Schloß aus durch
die Prachtstraße „Unter den Linden" und das Brandenburger Tor bis zur
Siegessäule auf dem Königsplatz einen Spaziergang unternimmt, so wird er
gestehen müssen, daß sich Berlin als Weltstadt sehen lassen darf. Das ge-
waltige Königsschloß und seine Umgebung, der Schloßbrunnen, der neue Dom
mit 110 m hoher Kuppel, die Museen, das Börsengebäude und die Denkmäler
des Großen Kurfürsten, König Friedrich Wilhelms Iii., König Friedrich Wil-
Helms Iv. und Kaiser Wilhelms I. rufen eine gewaltige Gesamtwirkung her-
vor. Von der Schloßbrücke aus genießt man einen großartigen Fernblick nach
den „Linden" hin, und von der Siegessäule aus, in deren Nähe das Denk-
mal des Fürsten Bismarck und das Reichstagsgebäude sich erheben, leuchten
zwei lange Reihen Marmorstandbilder, welche die Siegesallee bilden und
sämtliche brandenburgisch-preußischen Herrscher darstellen. Wenn der Berliner
an einem schönen Sonntage in dem reizvollen, 209 ha großen Tiergarten mit
seinem herrlichen Baumbestand und seinen malerischen Seen lustwandelt, so
denkt er mit Stolz und Befriedigung, daß sich mit der Zeit das Wort Kaiser
Wilhelms Ii. erfüllen wird: „Berlin wird noch einmal die schönste Stadt
der Welti" Nach Jul. Nodeuberg, Karl Bädeker u. a.
*117. Das gewerbliche Berlin.
1. Die deutsche Reichshanptstadt liegt inmitten der Flußgebiete der Elbe
und Oder, welche durch ein verzweigtes Netz von Wasserstraßen, dessen Haupt-
sähen die Havel und Spree sind, miteinander in Verbindung stehen. Von
Alters her bildete Berlin einen wichtigen Durchgangspunkt und Marktplatz
auf den Handelsstraßen, die von Magdeburg und Hamburg über Branden-
burg nach den Oderstädten Breslau, Frankfurt und Stettin führten. Als
nun Berlin mehr und mehr ein wichtiger Eisenbahn-Knotenpunkt wurde, als
der Maschinenbau einen raschen Aufschwung nahm, wurde die Stadt allmäh-
lich ein bedeutender Mittelpunkt für Handel und Industrie. Bereits in den
zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden innerhalb der Mauern Berlins
zwei Gewerbeausstellungen veranstaltet, und im Jahre 1844 beherbergte das
Zeughaus die erste allgemeine deutsche Gewerbeausstellung. In den letzten
30 Jahren haben verschiedene günstige Umstände zusammengewirkt, um die
gewerbliche Entwickelung Berlins zu beschleunigen und zu kräftigen, so die
Erhebung Berlins zur deutschen Reickshauptstadt, die Einführung einheit-
licher Münzen, Maße und Gewichte, der Schutz und die Förderung, welche
Handel und Industrie durch die Gesetzgebung erfuhren und endlich der er-
staunliche Fortschritt der Naturwissenschaften.
Im Handelsgewerbe waren in Berlin nach der Berufszählung vom
Jahre 1907 über 200000 Personen in mehr als 60000 Betrieben tätig,
von denen 346 mehr als 50 und 2481 über 10 bis 50 Personen beschäftigten.
Über den Umfang und die wichtigsten Gruppen des Warenhandels geben
folgende Zahlen einen Überblick:
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelms_Iii Friedrich Wilhelms Friedrich_Wil-
Helms Friedrich Wilhelms_I. Wilhelms Wilhelms Karl_Bädeker Karl
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlin Nodeuberg Berlin Berlin Magdeburg Hamburg Breslau Frankfurt Stettin Berlin Berlins Berlins Berlins Berlin
Danzig.
269
große Bündel von Holzmodellen, nach denen man die einzelnen Stuhlteile
auf den Pfosten und Brettern aufzeichnet, worauf jeder Arbeiter ein besonderes
Stück des Stuhles anfertigt. Haben die Sägen ihr Werk getan, fo setzen
verschiedenartige Hobelmaschinen die Arbeit fort; andere Maschinen schneiden
Zapfen und bohren Löcher, bis endlich durch Maschineuraspeln und Drechsler-
bänke den Stuhlteilen ihre Form gegeben wird. Die in großer Zahl herge-
stellten einzelnen Teile derselben Stuhlart sind untereinander so gleich, daß
man sie in Kisten verpacken und am Ort ihrer Bestimmung zusammen-
fügen kann.
Endlich wollen wir noch einer Zündholzfabrik einen kurzen Besuch
abstatten! Sie besteht aus zwei stattlichen Gebäuden; in dem einen werden
die Hölzer bearbeitet, im andern, welches der Feuersgefahr wegen etwas ab-
seits steht, wird der chemische Teil der Fabrikation ausgeführt. Die bereits
zurechtgeschnittenen, astfreien Fichtenklötze werden durch zweckmäßig einge-
richtete Hobelmaschinen in lange Stäbchen zerlegt, welche man in Bündel zu-
sammenfaßt. Nebenan arbeitet ein Mann mit einem Werkzeug, welches die
größte Ähnlichkeit mit einer Häckselmaschine hat. Er zerschneidet die Bündel
in Stücke von der Länge der Zündhölzchen. Ein Gehülfe faßt das vorstehende
Bündel und legt, wenn der Schnitt ausgeführt ist, die abgetrennten Hölzchen
in ein Gestell, worauf sie in das zweite Gebäude wandern. Hier werden
sie senkrecht in Rahmen eingestellt. Auf besonders dazu eingerichteten Öfen
stehen große Pfannen, in denen sich geschmolzenes Paraffin (f. Nr. 103)
befindet. In diese Pfannen werden die Rahmen eingesetzt und nach einigen
Sekunden wieder abgehoben. Die Spitzen der Hölzchen sind dann mit
Paraffin getränkt. Auf ähnliche Weise tunkt man die Hölzchen nochmals in
die eigentliche Zündmasse, worauf sie in eine Trockenstube gelangeu. Alle
diese Verrichtungen, die früher mit der Haud vorgeuommen wurden, besorgen
jetzt Maschinen. Das Ablegen der Hölzchen jedoch geschieht noch immer mit
der Hand. Man hat zwar auch für diese mühsame Arbeit Maschinen kon-
struiert, jedoch nicht den wünschenswerten Erfolg erreicht.
Nach Fr. Günther „Der Harz".
*122. Danzig.
Ist Küflrtn, Kreuz, Schneidemühl, die drei Knotenpunkte der Eisen-
bahn, die von Berlin nach Danzig führt, lagen hinter nlir, und der Zug
sauste durch die eintönige Tucheler Heide; erst als er sich der Weichselstadt
Dirschau näherte, wurde die Landschaft reizvoller, von der fruchtbaren
Weichselniederung, die mich an die satten holläitdischen Ebenen erinnerte,
hoben sich in der Ferne die lieblichen, mit taub- und Nadelwald bekleideten
Höhen des uralisch-baltischen Landrückens ab. Fetzt näherte sich der Zug
Danzig, der Hauptstadt der Provinz Westpreußen. Man könne sie zu den
Städten rechnen, die wie Nürnberg oder Hildesheim noch ein mittelalter-
liches Gepräge tragen, so hatte mir mein Neisegenosse erzählt. Der Haupt-
bahnhof bot allerdings eine probe von dem „modernen" Danzig, ver-
schwunden sind die Wälle, welche die alte Stadt einengten; klein erscheint
das schöne hohe Tor gegen stolze Neubauten, wie das Generalkommando,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
Extrahierte Personennamen: Günther
Extrahierte Ortsnamen: Danzig Danzig Berlin Danzig Danzig Nürnberg Hildesheim Danzig
282
Deutschlands Weltstellung und Welthandel.
landes. Seil der Zeit Karls des Großen erblickte man in den römisch,
deutschen Kaisern die Schutzherren der ganzen Christenheit. Allein nach
tausendjährigem Bestehen nahm dieses Weltreich ein klägliches Ende. Dem
ruhmreichen Herrschergeschlecht der Hohenzollern war es vorbehalten, das
neue Deutsche Reich aufzurichten, welches für ganz Europa zu einem Hort
des Friedens geworden ist. Mit der Machtentfaltung des neuen Reiches
hat sich auch das Volksbewußtsein, der nationale Stolz der Deutschen ge-
hoben, besonders seitdem Deutschland in die Reihe der Kolonialmächte ge-
treten ist. Auch die deutsche Industr ie ist nach dem deutsch-französischen
Kriege zu einer so bedeutenden Entwickelung gelangt, daß Deutschland allen
großen Industriestaaten ebenbürtig zur Seite steht. Mit wachsender Besorgnis
blickt man im Auslande auf den großartigen Aufschwung unserer Industrie
und auf die stetige Vergrößerung der stolzen deutschen Kaiserstadt, die bereits
im Rufe steht, die großartigste Industriestadt des europäischen Festlandes zu
sein ff. Nr. 116, 177). Mit der Zunahme der Macht und des Ansehens
Deutschlands, mit dem Erstarken seiner Industrie hat sich auch der deutsche
Handel immer weiter ausgebreitet und zum Welthandel entwickelt. Der
Osten und Südosten Europas wirft aus seinen wald- und getreidereichen
Ebenen Massen von Holz, Getreide, Flachs und Vieh auf den deutschen
Markt und erhält dafür Erzeugnisse unserer Metall- und Textilindustrie. Der
industriereiche Westen setzt seine Fabrikate nicht nur in Deutschland, sondern
auch im Ausland ab. Brüsseler Spitzen und Teppiche, französische Mode-
waren, Seidenzeuge und Weine, Schweizer Uhren u. dgl. sind überall in
Deutschland begehrt, während deutsche Biere, Holz- und Webewaren im west-
lichen Europa Absatz finden.
2. Die Ostsee vermittelt in erster Linie den Handel zwischen Deutsch-
land und den nordischen Ländern, von denen Dänemark in erster Reihe steht.
Der Bestand der deutschen Kauffahrteischiffe im Ostseegebiet setzte sich i. I.
1909 zusammen aus 381 Segel- und 529 Dampfschiffen mit einer Besatzung
von 8320 Mann. Stettin ist der Hafen einer industriereichen und wohl-
habenden Gegend, auf den auch die Nähe Berlins bedeutenden Einfluß aus-
übt, der durch den geplanten Schiffahrtskanal zwischen beiden Städten sich
noch erhöhen wird. Hinsichtlich des Rauminhaltes der 9600 ein- und aus-
fahrenden Schiffe ist Stettin der erste Hafen der Ostseeküste und der zweite
im ganzen Reiche. In Danzig findet man neben der Dampfschiffahrt eine
lebhafte Segelschiffahrt. Der Danziger Hasen ist der Hauptstapelplatz für Erzeug-
nisse der Weichselniederung; besonders werden Getreide und Holz ausgeführt.
Auch für den Schiffbau ist Danzig sehr wichtig. Großartige Werften be-
schäftigen viele Arbeiter. Auf der Kaiserlichen Schiffswerft finden etwa
1600 Arbeiter ihren Unterhalt. Die weltberühmte Werst von Schichau stellt
Torpedoboote her und baut gewaltige Seedampfer. Der Kieler Hafen,
der zunächst den Zwecken der deutschen Kriegsflotte dient, geht seit der Er-
öffnung des Kaiser-Wilhelm-Kauals ff. Nr. 62) auch als Handelshafen einer
glänzenden Zukunft entgegen. Er wird von etwa 7700 Schiffen besucht.
Die Nordsee ist zwar zu allererst die Vermittlerin des überseeischen
Verkehrs, fördert aber auch den deutschen Handel mit den westeuropäischen
Küstenstaaten. Am umfangreichsten ist der Handel mit Großbritannien. Er
bezifferte sich 1907 auf 977 Mill. Mark Einfuhr und 1060 Mill. Mark
Ausfuhr, zusammen 2037 Mill. Mark. Aus Skandinavien bezicht Deutschland
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
Extrahierte Personennamen: Karls
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Europa Deutschland Deutschland Deutschlands Europas Deutschland Deutschland Europa Deutsch- Berlins Danzig Danzig Skandinavien
6
Urtheilsspruch nach den bestehenden Gesetzen zu beenden haben.
Diese Personen heißen Richter. Ein oder mehrere Richter, Gericht-
schreiber und noch andere Beamte bilden ein Gericht. Die Gerichte
befinden sich gewöhnlich in den bedeutendsten Städten des Kreises und
heißen Friedens- oder Kreisgerichte. Diejenigen Gemeinden, welche
zu demselben Gerichte gehören, bilden einen Gerichtsbezirk. — Wie in
der Gemeinde der Polizeidiener, so wachen in den Kreisen die Gens-
darmes (spr. Schangdarme) über die Besolgung der bestehenden Po-
lizeigesetz c und zeigen die Uebertreter derselben dem Gerichte zur Be-
strafung an. Diese Strafen sind entweder Geld- oder Gefängniß-
strafen. Oft hören wir, daß Diebe, Betrüger und andere böse Menschen
in das Gefängniß gesetzt worden sind. Wer aber immer thut, was
recht ist, der braucht sich nicht zu fürchten, vor Gericht gebracht und —
gar in das Gefängniß gesetzt zu werden. —
Wie die bürgerlichen Gemeinden zu Kreisen vereinigt sind, so
bilden die evangelisch-kirchlichen Gemeinden größere Kirchenkreise,
welche Synodalkreise oder auch Kreissynoden genannt werden.
Jeder Kreissynode ist ein Pfarrer aus einer Gemeinde des Kreises
als Superintendent vorgesetzt. Dieser berichtet über die kirchlichen
Angelegenheiten der Gemeinden seines Synodalkreises (Synodal-
verbandes) an die vorgesetzte kirchliche Behörde, theilt deren
Verordnungen den Pfarrern mit und wacht über die Befolgung
derselben. —
Die Schulen in den Kreisen sind zu einem oder Mehreren
Schulpflegekreisen vereinigt. Jedem Schulpflegekreise ist ein
Schulpfleger (Schulinspektor) vorgesetzt.
In welchem Kreise liegt unsere Gemeinde? — Wie heisst die Kreisstadt?
— Wie der Herr Landrath? — Wie viele Gemeinden gehören zu unserm
Kreise? — Wie liegt die Kreisstadt von unserm Wohnorte? — Welche Ge-
meinden des Kreises liegen von uns östlich? — Welche südlich? — West-
lich? — Nördlich? — Südöstlich? — Südwestlich? — Nordwestlich? —
Nordöstlich? — Giebt es Flüsse in unserm Kreise? — Wie heissen sie? —
Nach welcher Himmelsgegend Hiessen sie? — Wohin befindet sich also ihre
Quelle? — Ihre Mündung? — Giebt es Gebirge im Kreise? — Wie heissen sie?
— Befinden sich im Kreise auch Eisenbahnen? — Wie heissen sie? — Welche
Städte des Kreises verbinden sie mit einander? — Zu welchem Gerichtsbe-
zirk gehört unsere bürgerliche Gemeinde? — Zu welchem Synodalkreis ge-
hört unsere kirchliche Gemeinde? — Wie heisst unser Herr Superintendent?
— Wie unser Herr Schulpfleger (Schulinspectpr)? —
Zeichnet jetzt den Kreis auf die Schiefertafeln!
4. Die Bezirke.
Wenn wir nach irgend einer Himmelsgegend über die Grenze un-
seres Kreises hinausgehen, so ist da noch immer kein Ende zu sehen;
denn die Erde ist sehr groß. Wir kommen dann abermals in eine neue
Gemeinde, welche wieder zu einem andern Kreise gehört. Wie nämlich
eine Gemeinde an die andere grenzt, so grenzt auch ein Kreis an den
andern. Mehrere Kreise zusammen aber bilden wieder ein größeres
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg]]